Haben Studien über Frauen in Geschichte und Gesellschaft bislang vor allem deren Machtlosigkeit, den Zustand erlittener Unterdrückung hervorgehoben, so sind in diesem Buch überwiegend solche Arbeiten zusammengestellt, in denen die Frauen als handelnde Subjekte erscheinen, der „Macht der Ohnmächtigen“, die sich historisch auf sehr unterschiedliche Weise ausgedrückt hat, an ausgewählten Beispielen nachgespürt wird. So waren die Frauen unter den Bedingungen der Familienwirtschaft insgeheim durchaus einflussreich und zuweilen offen rebellisch. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wandelten sich dann mit der Verfestigung der bürgerlichen Familie und im Zuge der Herausbildung eines frauenspezifischen Milieus sowohl ihre Handlungspotentiale als auch ihre individuellen und kollektiven Widerstandsformen – die weiblichen Gegenstrategien wurden sanfter, listiger, aber auch moralisierender. Erst nach einer längeren und wechselvollen Probierphase, während der die Ideologie einer Komplementarität der Geschlechterrollen von den Frauen selber instrumentalisiert und umgewertet wurde, verdichteten sich Selbstvergewisserung und Selbstbehauptung zu Forderungen und Vorstellungsgehalten einer organisierten Frauenbewegung.
Dieser Band zum Strukturwandel weiblicher Widerstandsformen dokumentiert nicht nur den Übergang von offener Rebellion zu sanfter Subversion und zum Aufbau von „Gegenwelten“ durch die Bürgerinnen, er belegt auch die Domestizierung von Eigensinn und Widerspenstigkeit: die Ausschliessung der Frauen der Unterschichten aus jenen gesellschaftlichen Bewegungen, die von ihnen zunächst entscheidend mitgeprägt worden waren, also den Antagonismus in der Befreiungs- und Kampfgeschichte der Frauen selbst.
Herausgegeben Claudia Honegger und Bettina Heintz.
Inhalt:
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Claudia Honegger und Bettina Heintz: Zum Strukturwandel weiblicher Widerstandsformen im 19. Jahrhundert
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I. Widerspenstigkeit und Ausschluss
Michelle Perrot: Rebellische Weiber. Die Frau in der französischen Stadt des 19. Jahrhunderts
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Joan W. Scott und Luise A. Tilly: Familienökonomie und Industrialisierung in Europa
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Olwen Hufton: Weiblicher Alltag. Die Schattenseite der Französischen Revolution
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Dorothy Thompson: Spurensicherung. Frauen in der frühen englischen Arbeiterbewegung
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Peter N. Stearns: Abstumpfung und Apathie. Arbeiterfrauen in England, 1890-1914
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Elizabeth Jameson: Klassenbewusstsein und bürgerliche Familienideologie. Grenzen der Gewerkschaftspolitik am Beispiel einer amerikanischen Bergbaustadt
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II. Sanfte Subversion und Gegenwelten
Elaine Showalter: Ausbruchsphantasien. Ehebruch, Mord und Bigamie in der englischen Trivialliteratur
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Carroll Smith-Rosenberg: Weibliche Hysterie. Geschlechtsrollen und Rollenkonflikt in der amerikanischen Familie des 19. Jahrhunderts
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Daniel Scott Smith: Geburtenbeschränkung, Sexualkontrolle und häuslicher Feminismus im viktorianischen Amerika
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Barbara Welter: „Frauenwille ist Gotts Wille“. Die Feminisierung der Religion in Amerika, 1800-1860
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Carroll Smith-Rosenberg: „Meine innig geliebte Freundin!“ Beziehungen zwischen Frauen im 19. Jahrhundert
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Mary P. Ryan: Mief und Stärke. Ein frühes Lehrstück über die Ambivalenzen weiblicher Moralisierungskampagnen
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Nancy Schrom Dye: Gleichheit, Freiheit, Schwesterlichkeit? Der Versuch eines klassenübergreifenden Bündnisses in einer New Yorker Frauengewerkschaft
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Bibliographie
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Drucknachweise
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