Ursula Streckeisen (2001): Die Medizin und der Tod: Über berufliche Strategien zwischen Klinik und Pathologie

Das Buch interessiert sich für Deutungen und Praktiken der Berufspersonen, die bei Sterben und Tod eines Patienten im Rahmen der Medizin beschäftigt sind. Vor dem Hintergrund einer explorativen Feldstudie wird zum einen danach gefragt, wie in einer Gesellschaft, die den Tod und das Sterben zunehmend kultiviert, Ärzte und Pflegende einer traditionsbewussten Universitätsklinik die Betreuung von Sterbenden angehen. Die untersuchte Krankenhausstation nimmt vor allem tumorkranke Patienten auf, Patienten also, für deren Lebensende die Hospizbewegung eigentliche „Sterbendenrollen“ und komplementäre Berufsrollen entworfen hat. Es wird untersucht, ob und inwieweit sich die neuere Kultivierung des Sterbens in den beruflichen Strategien von Ärzten und Pflegern der Universitätsklinik niederschlägt.
Zum anderen gilt die Aufmerksamkeit den Forschern und Forscherinnen der Pathologie, welche die postmortale Diagnose stellen. Die Studie geht der Frage nach, wie diese Akteure jenen Eingriff am toten Körper deuten und durchführen, der in den letzten Jahrzehnten ein steigendes Legitimationsdefizit aufweist, gleichzeitig aber die Grundlage der modernen Heilskunde und ihres „medizinischen Blicks“ bildet. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf der Gegenüberstellung der blue collar-Pathologen, die quasi-chirurgisch tätig sind, mit den Laborantinnen, die Gewebe und Zellen für mikroskopisch sowie elektronenmikroskopisch angelegte pathologische Untersuchungen aufbereiten.
Die beiden medizinischen Welten – sterbensbezogene Praxis in der Klinik und forschende Wissenschaft am toten Körper in der Pathologie – werden in professionstheoretischer Perspektive zueinander in Beziehung gesetzt, historisch eingebettet und mit Blick auf künftige Entwicklungen diskutiert.

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