Michèle Métrailler (2004): Topographie der Geschlechter. Eine historische Analyse visueller Konstruktion von Weiblichkeit im öffentlichen Raum am Beispiel der Denkmäler und Skulpturen Berns.

Wer kennt sie nicht, die prunkvollen Heldendenkmäler, bunten Gassenbrunnen und aparten Nacktheiten, welche die Städte wie selbstverständlich zieren? Doch in der Hektik des Alltags hält kaum jemand inne und fragt sich, welche Werte diese Figuren widerspiegeln. Gehen wir davon aus, dass Städte das Abbild der sie errichtenden Gesellschaft sind, dann lässt sich „Stadt“ als eine umkämpfte Bühne von Machtrepräsentationen auffassen.

Die Denkmäler und Skulpturen Berns werden in der vorliegenden Arbeit demnach als Medien von Geschlechterbildern verstanden, welche sich in den öffentlichen Raum der Stadt niederschreiben. Diesem Verständnis von Raum als die historische Materialisierung früherer Handlungs- und Entscheidungsstrukturen, die wiederum als gestaltender und strukturierender Raum auf das gesellschaftliche Geschehen einwirkt, liegen theoretische Überlegungen von Simmel, Lefèbvre, Bourdieu sowie Läpple zu Grunde.
Die Analyse der „steinernen Gesellschaft“ Berns deckt Muster in der geschlechtsspezifischen städtischen Raumaneignung auf und erklärt diese in ihren sozialen Bestimmungsfaktoren. Aufgrund ihres Erscheinungsbilds thematisch eingeteilt in die Typen „Namenlose Nacktheiten“, „Historische Figuren“, „Allegorien“, „Repräsentationsfiguren“, „Legenden“ sowie „Soziale Rollen“, wird das Netzwerk der steinernen Gesellschaft in seiner Topographie erfasst. Dabei offenbart sich das Bild einer unter dem Primat von Ästhetik, Entindividualisierung und ambivalenter Sexualität stehenden Weiblichkeit, während die männlichen Riegen vorwiegend von der glorifizierten politisch-militärischen Vergangenheit des Alten Bern zeugen. Es bleibt abzuwarten, ob Veränderungen in der gesellschaftlichen Position der Frauen im Denkmalwesen der Stadt Bern zukünftig vermehrt ihre Entsprechung finden.

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